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ZuccoUndBobbio2010-Reisebericht

Zucco del Angelone und Piani di Bobbio
Eine Reise in die Lombardei



Irgendwie wiederholt sich vieles im Leben. Für mich ist es die Reise zum Zucco. Und alles beginnt mit dem Satz. „Und im Januar will ich draußen klettern gehen!“ Diesmal kam der Satz von Yvonne. Und fast immer bekomme ich ihn zu Weihnachten zu hören. Dann, wenn es in Deutschland wirklich kein Draußenkletterwetter gibt. Dafür gibt es noch den Ryanair-Flieger für 20 Euro Januartarif von Lübeck nach Bergamo. Noch, weil die fragwürdigen Subventionen für den Lübecker Flughafen politisch derzeit zur Disposition stehen. Also jetzt gleich los. Einfach, weil es geht. Genau jetzt.

Wolkenlos ist die Dämmerung, als wir Samstag in Barzio ankommen. Und ein erster Spaziergang zum Primo Sperone zeigt uns eisfreien Fels. Was darf man im Winter mehr erwarten?

Man darf italienische Küche erwarten und davon reichlich. Den anschließenden Spaziergang halten wir kurz, damit keiner weg rollt. Und am nächsten Morgen darf man Skifahrer erwarten. Skifahrer, so weit das Auge reicht. Der Skibus ist rappeldickevoll und wir sind froh, uns nach der ausgelaufenen Thermoskanne doch noch rein quetschen zu können.

Der Zustieg zum Condorpass am Quarto Sperone ist etwas länger und wärmt gut vor. Das ist in der winterlichen Kälte auch dringend nötig. Vor allem, weil in der saukalten, schiefen Welt jeder Handgriff deutlich länger dauert. Nur die Wasserflasche und der Apfel beeilen sich auf dem ungebremsten Weg ins Tal. Zum Glück haben wir die Fünfer-Seilschaft vorher intensiv durchgesprochen und geübt. Und so sind wir bald alle eingebunden Jörg – Yvonne – Hetti – Carola – Phillip.

Die Verschneidung in der erste Seillänge schmerzt vor Kälte in Fingern und Zehen uns soll hier nicht schön geredet werden. Sie ist wirklich au. Alle schlagen sich tapfer mit mehr oder weniger schmerzverzerrtem Gesicht. Doch bereits ab dem ersten Stand lächelt uns die Sonne an und ab da geht es nur noch aufwärts, vor allem mit der Temperatur und der Freude am Fels.

Dummerweise versteige ich mich in Seillänge Nummer drei in eine 6b, wo Realität und Topo nur fast zusammen passen. Erstaunlicherweise glaube ich sogar, sie wäre lösbar, wenn ich mir genug Zeit nehmen würde, sie auszubouldern. Leider ist Zeit im Winter rar und so löse ich sie technisch, rette mich mit einem Pendelquergang ins Vierer-Geländer, Hetti baut ab und pendelt hinterher. Für die anderen ist damit der einfache Weg frei und das ist gut.

Am Ende von Seillänge drei ist ein großer Stand, der optimal ist für die Mittagspause. Die Sonne steigt weiter und die Stimmung auch. Der letzte Zug in der vierten Seillänge bereitet manches Kopfzerbrechen, die Platte am Ende der fünften ist für viele ein ganz neues Erlebnis, der Riss in der sechsten ist eine echte Herausforderung und dann natürlich der bewegungstechnisch anspruchsvolle Kamin in der siebten.

Mit Schokolade und Getränk werden leichte Unterzuckerungsprobleme gelöst. Und obwohl und gerade weil es schon spät ist, entscheide ich mich nicht für Abseilen – das hätte mit der Fünfer-Seilschaft ewig gedauert – sondern für den Durchstieg nach oben. Die restlichen Seillängen sind ja nicht mehr so schwer, acht hat nur noch ein paar Meter Riss, neun einen ausgesetzten Quergang und zehn kann man schon fast frei hoch laufen.

Leider haben wir am Morgen mit den vielen Kleinigkeiten so lange gebraucht, dass oben die Sonne schon weg ist und das Gipfelhochgefühl einem knappen „Berg Heil“ Platz macht und schon ist die Ausrüstung im Rucksack, Bergstiefel, Helme und schon mal ausgeschaltete Stirnlampen an und es geht den Gratweg entlang.

Dort wartet eine letzte, freie Kletterei und dann führt uns der Pfad erst nach hinten, dann abwärts. Da der Normalweg über den Südostgrat verschneit und ungespurt ist, entscheiden wir uns für den gewundenen Abstieg durch die Nordostflanke. Den passieren wir in atemberaubenden Tempo und kaum mehr als zwanzig Minuten nach dem Gipfel stehen wir in schwindendem Tageslicht wieder auf einer vereisten Straße und die Zivilisation hat uns zurück. Auf dem letzten Meter Eis kegelt Carola noch in ein paar leere Bierdosen und dann ist alles gut. Vor allem das Essen.

Alle wollen am nächsten Tag wieder klettern. Alle bis auf Carola und mich. Ich hätte es ihnen ja gerne gegönnt. Das Wetter aber nicht. Am Montagmorgen sind alle Felsen im Nebel mit Rauhreif überzogen und Carola, Phillip und ich fahren hoch ins Skigebiet auf die Piani di Bobbio. Oben kann man recht günstig Ski leihen. Nach und nach kommt die Sonne durch den Dunst und es ist echt nett. Besonders die Abfahrten runter nach Valtorta. Vor allem ist es montags wunderbar leer.

Und Abends ereilt mich dann Monteverdis Rache. Montezuma ist ja schließlich Azteke und in Bella Italia definitiv nicht zuständig. Der Fluch lässt mich zum Pendel werden und so pendele ich die ganze Nacht zwischen Bett und Bad hin und her. Meine vier Reisegefährten kümmern sich aufopferungs- und liebevoll um mein Überleben. Phillip hat ein Riesendankeschön für die schlaflosen Stunden verdient, die er auf der Bettkante sitzt und auf mich aufpasst. Und Carola, Hetti und Yvonne nicht minder, die mich umsorgen, mir meine Sachen packen und mich irgendwie nach Hause bringen.


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