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Hoellhoerner2020-Reisebericht
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Wo ich mit Caro schon mal im Allgäu bin, wartet noch eine spannende Tour auf mich. Nämlich auf die Höllhörner. Da will ich bestimmt schon 15 Jahre hoch. Aber irgendwie hat sich das nie ergeben. Die Höllhörner liegen nämlich echt ab vom Schuß.
Vom Tannheimer Tal aus fahren wir eine halbe Stunde weiter nach Hinterhornbach. Das ist ein wirklich sehr friedliches Dorf. Wir übernachten im Rigglerhof bei Heugeruch preiswert und authentisch. Erstaunlicherweise bekommen wir nebenan nur mit Glück noch einen Platz für ein Abendessen. Es sind halt Coronazeiten.
Die Wettervorhersage ist sehr instabil. Deshalb starten wir schon morgens um sechs. Es geht ein dickes Lob an Caro, die pünktlich auf die Sekunde im Hof wartet. Der Weg quert unter dem Hochvogel vorbei. Der ist momentan ziemlich instabil. Im Gipfel klafft ein großer Riss, der Woche für Woche weiter aufgeht. Die Einheimisches sagen, dass es gerade erst wieder vor ein paar Tagen einen Rumms gemacht hat. Sie haben es alle gehört. Wir nehmen die gegenüberliegende Talseite. Die ist sicherer.
Der Weg zieht sich weit hin durch Wald, über Wiesen und Weiden, Brücken, Schuttkegel und Bäche bis auf die surrenden Blumenwiesen im hinteren Kessel des Jochbachtales. Von dort geht es Kehre für Kehre hoch in der flimmernden Morgenwärme. Entsprechend feucht sind wir, als wir uns oben am Sattel mit den Wolken treffen, die von der anderen Seite hochkommen. Die sind auch feucht.
Südliches Höllhorn Südgrat
Die alte Route ist ausgebrochen, die neue startet fünf Meter rechts neben der Kante an einer deutlich sichtbaren Bohrhakenreihe, die jeder Kletterhalle Ehre machen würde. Dann kommt ein kurzer, kräftiger Aufschwung, der gut zu meistern ist. Am Ende der Bohrhakenreihe suche ich kurz nach dem Stand. Er ist auf der anderen Seite der Kante.
Weiter geht es Stufe für Stufe aufwärts. Steile Klettermeter in hervorragend festem und griffigem Gestein wechseln sich ab mit kurzen Gehpassage im üblichen alpinen Bruchhaufen. Wenn sich kurze Blicke durch die Wolken öffnen, ist das Gelände atemberaubend wild und schroff. Die stets steifen Winde machen die Kantenkletterei zu einem einmaligen Erlebnis. Das ist auch schwer zu beschreiben. Muss man einfach selbst erleben.
Die Seillängen sind meist ungewöhnlich kurz, jedenfalls sehr viel kürzer, als im Topo angegeben. Das ist aber auch gut so, weil es in den meisten Längen so gut wie unmöglich ist, das Seil auch nur näherungsweise geradeaus zu führen. Das macht entsprechend viel Seilreibung und da fühlt sich fast jeder Stand wie eine kleine Erlösung an. Die Seilreibung macht übrigens auch Seilkommandos schwierig und über den zerklüfteten Grat ist bei entsprechendem Wind die übliche Schreierei auch wenig erfolgreich. Manchmal hilft es, die Standsicherung zu verlängern und das Seilkommando über die österreichische Seite zu geben. Das geht erstaunlicherweise oft besser als auf der deutschen.
Am Gipfel ist es zugig und neblig. Plötzlich machen die Wolken auf und erlauben uns einen kurzen Blick auf den Nordgipfel und den Wilden. Das sieht nach schönen Routen aus. Klick, ein Foto und wusch ist das Wolkenloch wieder weg. Wir steigen nach Norden in die Scharte ab. Das ist ekelige Bröselkletterei, aber definitiv nicht sicherungspflichtig.
Nördliches Höllhorn Südwand
Im Sattel schauen wir noch mal aufs Radar. Knapp zwei Stunden noch bis zum Regen. Das reicht. Schnell steige ich vor auf das nördliche Höllhorn. Das ist nur einer 50er Seillänge. Leider hänge ich die letzte Exe nur kurz ein statt mit einer 120er Schlinge. Das Seil lässt sich fast nicht mehr nachziehen. Damit ich genug Kraft aufbringen kann, hänge ich mich zum Nachsichern in die leicht überhängende Steilwand. Sonst habe ich kaum eine Chance.
Das Gipfelvergnügen auf dem Nordgipfel ist kurz aber intensiv. Der Wind ist so stark, dass die Seilschlaufen quer hängen und wir uns auf zwei Meter kaum noch verständigen können. Klassisches Abseilen geht bei so einem Wind nicht. Der Wind hätte ein freies Seilende sofort um den Fels gewickelt. Also lasse ich Caro ab, hänge mit steifgeblasenen Fingern die Abseile ein und will runter. Aber ganz so einfach geht das nicht. Caro muss unten nämlich die ganze Zeit das Seil spannen, damit der Wind es nicht irgendwohin zwischen die Zacken bläst. Und so hänge ich oben und warte immer wieder geduldig, bis der Wind mal kurz abflaut und ich mich die nächsten paar Meter runter schieben kann.
Der restliche Abstieg ist schnell erzählt. Vom Sattel aus geht es ein paar Meter auf Trittspuren in eine ekelige Schuttrinne und dann dort runter. Die Schuttrinne ist nicht gefährlich, aber einfach nur locker, steil und doof. Es dauert eine ganze Weile, bis wir auf die rechte Wiese ausqueren können. Ab da geht es immer noch steil aber wieder angenehmer. Kaum sind wir auf dem Weg, fängt auch schon der Regen an. Bei dem Sauwetter hält uns nichts mehr und nach nur anderthalb Stunden Abstiegszeit sind wir zurück in Hinterhornbach bei einer warmen Dusche und einem leckeren Zwiebelrostbraten mit Spiegelei. Das muss dann auch mal sein.
Material für beide Touren: 8 Exen, darunter auch verlängerbare, 3 bis 4 120er Schlingen für Zacken und zum Verlängerten Einhängen der Bohrhaken, ein paar kleine Friends bis 0.2 bis 0.75.
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