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London2012-Reisebericht

London ist bestimmt etwas ganz besonderes. Dachte ich. Und damit hatte ich Recht.

Rund ist die Underground, gedrängt und voll bis zum Bersten, schon etwas in die Tage gekommen und auf ehrwürdige Weise öddelig. Tief unter dem Russell Square bildet sich im eng runden U-Bahn Stollen eine lange Schlange, weil ein Aufzug defekt ist. Na und? Es gibt doch auch eine Nottreppe. Die ist schmal, steil, 175 Stufen lang und eine willkommene sportliche Abwechslung. Für mich. Für die, die luftringend weiter oben den Stau verursachen, weniger.

Wenn man oben über die Bürgersteige läuft, scheint erst einmal alles genau so, wie man sich das in einer Großstadt vorstellt. Alles ganz normal. Erst mal. Nach und nach fange ich an, die liebenswerten Eigenheiten zu entdecken. Und die gefährlichen.

Z.B. die Straßenüberquerung. Weil die Briten ja alle links herum verkehren, ist es richtig gefährlich, über die Straße zu gehen. Die Autos kommen nämlich immer aus der anderen Richtung, als man denkt. Dabei gibt es erstaunlich wenige davon. Also wenig Privatwagen. Auf der Straße stauen sich fast nur Lieferwagen, knuffelige Taxen mit hohem, runden Dach und rote Doppelstockbusse. So viele, dass sie fast immer ins Bild fahren, wenn ich mal über die Straße fotografiere.

Nur wenige Briten kommen auf die Idee, ein eigenes Auto ins parkplatzbefreite London zu bugsieren. Scharen von schlipsbeknoteten Anzugträgern mit Streifen und Akten unter den Armen laufen zu Fuß zwischen den chromglasblitzenden Hochhäusern über die altehrwürdigen Bürgersteige oder stehen hintereinander am U-Bahn Einlass. In serieller Disziplin sind die Briten vorbildlich. Und in der Nutzung von Bussen und Bahnen auch.

Auf den Ampelinseln knicken Eisengitter die Bahnkurven der Fußgänger. Keiner kann hier ungebremst geradeaus über die Straße. Überhaupt lieben die Briten schmiedeeiserne Gitter mit Pieksern oben drauf. Die schützen die typischen kleinen Vorgarten-Schluchten ebenso, wie den Eingang zur Downing Street, wo der Premier wohnt. Dazwischen dröhnzwitschert eine hektische Sirene um die andere. Am Straßenrand warten Rettungssanitäter-Funkstreifen auf Motorrädern. Motorräder kommen schneller durch den Stau. Gute Idee, finde ich.

Die Architektur ist meist mamorweiß, klingergelb oder ziegelrot. Viktorianische Pfeiler drängen sich um die Vorherrschaft auf dem Weg ins oft tief hängende Wolkenreich. Ein architektonisches Prunkprachtstück schöner als das andere. Das Schmuckstück ist natürlich der Westminster Palast mit dem oben vergoldeten Uhrenturm, den sie den großen Ben nennen. Ich finde, Big Ding-Dong wäre passender gewesen.

Im Zentrum stehen überall Statuen von all den vergangen glorreichen englischen Führern. Man findet fast zu jeder Seite des Englandkapitels im Geschichtsbuch ein schwarzes Gußstück. Boadicea, Richard Löwenherz, Oliver Cromwell, Victoria, Churchill, jeder hat eine taubenumschwärmte Bronzekopie bekommen. Es sind die Orden einer Nation, die an sich und ihr Militär glaubt. Bisher hat noch kein Patscher auf die Nase genug wehgetan, um das zu ändern. Soll mir recht sein. Ob wir deswegen in Berlin einen bronzenen Herrmann, einen Großen Otto, einen Adolf Schickelgruber oder einen Christian Wulff aufstellen sollten, ist natürlich eine andere Frage.

Braun fließt die Themse vorbei an imposanten Prachtbauten, geschnörkelten Parkbänken und Siegesadlern, Sphingen bewachen einen Obelisken, Jogger keuchen rotwadig zwischen goldgetünchten Straßenlampenfüßen und hinten tauchen die Kuppeln auf von St. Pauls Cathedral und 30 St Mary Axe. Das gurkenförmige Finanzpotenzsymbol klingt brutal und heißt wirklich so. Hat mir die Dame am Eingang bestätigt.

Der Tower hingegen ist alt, weiß und eckiger. Hier werden die Kronen ausgestellt und ihre Juwelen. Macht schon was her, so eine königliche großbritisch-indische Pelzmütze. Dazwischen Kanonen und Erinnerungen an die, die der erfindungsgemäßen Verwendung ähnlicher Geräte zum Opfer gefallen sind. Und viele schön verzierte, mittelalterliche Königsdosen. Die sehen so aus, als ob die gar nicht so leicht mit dem Büchsenöffner zu knacken sind, wenn man den König raus haben oder kaputt machen möchte. Trotz der haltbarkeitsverlängernden Wirkung der Dose ist der König schon abgelaufen und entsorgt. Und dann steht da noch ein gebrauchter königlicher Richtblock mit einer besonders breiten Axt. Ein paar Tropfen Blut machen die Geschichte doch gleich viel lebendiger.

Die Briten sind ausgesprochen nett und ihre Küche ist besser als ihr Ruf. Besonders das Frühstück kann sich nach dem unvermeidlichen Schlange Stehen durchaus sehen lassen. Das Bier mit Fish and Chips und die Konferenzpausenkekse sind auch gut. Über heißen Porridge diskutieren wir hier besser mal nicht.

Und zum gekrönten Abschluss schauen wir uns noch den Sonnenuntergang hinter dem Birmingham Palace an und öddeln dicht gedrängt mit der Underground Richtung Heathrow davon…

Jörg Kunze.


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