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Neunerspitze2018-Reisebericht
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Mit Frank bin ich in den Dolomiten. Frank kennt die Heiligkreuzkofelgruppe noch nicht und ich auch nicht. Es gibt einen schönen Klettersteig auf den Zehner. Also fahren wir da hin.
Leider ist es nach Ausschlafen, Umpacken und Eis schon Mittag, als wir in Abtei ankommen. Das heißt auf Italienisch Badia. Dort hüpfen wir in den Lift und fahren zum Heiligkreuz-Schutzhaus hoch. Ab dort erwartet uns ein einfacher Weg mit ein paar seilversicherten Stellen, der den Namen Klettersteig definitiv nicht verdient. Und darüber hinaus besprenkelt uns ein Gewitter mit Regentropfen.
In der Forcella die Medesc öffnet sich eine weite Ebene. Mit einem Blick auf die Uhr geben wir die beiden Gipfel des Heiligkreuzkofel und der Zehnerspitze auf und laufen los Richtung Ücia Lavarella. Das Wort Ücia ist übrigens Ladinisch. Das ist eine alpine Hütte oder auf Italienisch eine Rifugio.
Der Weg geht durch eine sehenswerte Karstlandschaft mit vielen Felsplatten. Es herrscht ein tiefer Friede und eine Stille, wie ich sie so schon ganz lange nicht mehr erlebt habe. Nur hier und da pfeifen ein paar Murmeltiere. Eines lässt uns sogar auf wenige Meter herankommen, bevor es gemächlich in seiner Felsspalte verschwindet.
Frank ist davon überzeugt, dass wir auch ohne Voranmeldung einen Platz bekommen. Die Lavarellahütte aber nicht. Die ist nämlich voll. In mehreren Kellerräumen drängen sich die Mountainbikes. Zum Glück sind es von dort zur Faneshütte nur 10 Minuten. Die ist auch voll. Zum Glück hat gerade eine Dreiergruppe abgesagt und von den drei Plätzen sind noch genau zwei für uns übrig. Das haben wir mal richtig Glück gehabt. Die Hütte ist wirklich schön und schon fast ein Berghotel.
Gleich nach dem Frühstück gehen wir los. Ein paar Minuten laufen wir dem Weg nach, dann geht es weglos über spaltige Steinplatten, feuchte Grasbüschel und umherliegende Felsbrocken zur Südwand der Neunerspitze. Bereits der grasige Teil der Felswand geht sich interessant, denn die Grasbüschel wachsen alle in den Ritzen einer riesigen Wasserrillenplatte.
Am Wandfuß ziehen wir die Gurte und Kletterschuhe an und gehen die erste 1er Seillänge erst mal mit dem Seil im Ruchsack hoch. Am Einstieg der Route steckt ein verrosteter Nagel in einem Felsriss. Von dort geht es zwei Seillängen über nur leicht geneigte Wasserrillen hoch. Sicherungen setzen kann man hier kaum. Als das Seil ohne Ansage zu Ende ist, muss ich noch mal ein paar Meter abklettern, um auf der Felsplatte einen mobilen Stand bauen zu können.
Mit der zweiten Seillänge wird das Gelände steiler, schwerer und vor allem schwerer zu sichern. Frank quält sich sichtbar mit seinen Bergschuhen die Wasserrillen hoch. Kletterschuhe sind schon etwas Feines. An der historischen Standrostgurke entscheiden wir daher, dem Diagonalweg zu folgen. Der ist mit Bergschuhen viel einfacher zu klettern.
Leider versäume ich es, den Diagonalriss am laufenden Seil zu gehen. Das wäre problemlos möglich gewesen und hätte uns gut Zeit gespart. So ging es auch zügig. Und von den querenden Routen waren sogar ein paar historische Rostgurken übrig. Die Sonne verwöhnt uns und der Blick in die makellosen Feslplatten ist für mich als Kletterer schon etwas ganz Besonderes.
Erst in der Messner & Messner Route finde ich einen modernen Bohrhaken. Wir nehmen den Messner & Messner Ausstieg durch die beiden Verschneidungen unterm Gipfel. Das ist wirklich sehr schöne, schnelle Genusskletterrei.
Von dort gehen wir seilfrei durch schotteriges Zweiergelände zum Gipfel. Dort erwartet uns pünktlich das erste Gewitter. Das Foto geht sehr schnell. Am Grat sind ein paar seilversicherte Stellen. Bei dem Regen habe ich keine Lust, mein Klettersteigset raus zu kramen. Weil der Fels nass ist, klicke ich mich trotzdem mit einer Bandschlinge ins Stahlseil. Bei Trockenheit hätte ich das dort nicht nötig gefunden.
Die letzten Meter runter zum Antoniusjoch sind ziemlich steil und unangenehm zu gehen. Wir machen eine kurze Pause und ziehen die Gurte aus. Es ist schon nach drei. Nur mit Mühen gelingt es mir, Frank zum zügigen Weitergehen zu überreden. Schließlich ist das unsere erste echte kleine Pause.
Als wir bei den ersten Bäumen ankommen, setzt sich Frank auf einen Stein. Der Abstieg geht gut in die Oberschenkel. In seine und in meine auch. Er fragt mich, ob wir schon die Hälfte haben. Ich greife zu einer Notlüge und sage, wir sind bei ca. 20 Prozent des Weges. Frank ist bestürzt. Ich hatte mich nicht getraut, ihm zu sagen, dass es erst knapp über 10 waren.
Der Abstieg zieht sich. Sonne, Regenbögen und Schauer ziehen über uns hinweg. In der Kuhregion geht es runter, über Brücken und wieder hoch. Links und rechts stehen urige Stadel. Erst nach Stunden geht es wieder ernsthaft abwärts. Ich übernehme auch noch das zweite Seil. Erst mit Einbruch der Dunkelheit stehen wir wieder in Badia.
Im San Leonardo fragen wir nach Zimmer. Alles ausgebucht. Die Leute sind super nett und telefonieren den Ort durch, wo es noch Betten gibt. Einfach großartig. Leider finden sie nur eines. Wir sind zwei. Also essen wir erst mal, ich buche per Smartphone in Calfosch ein sauteures Zimmer und dort sinken wir müde, stinkend und glücklich in die Betten.
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