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Valle2009-Reisebericht
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Go climb a Fjell!
Norwegen ist gar nicht so weit. Jedenfalls nicht so weit weg. Weit ist es dann schon. Oben. Aber deswegen fährt man ja auch hin. Um eben genau diese Weite zu genießen.
Wenn man dann ankommt, freut man sich über die urigen kleinen Hütten, die auf jedem Campingplatz vermietet werden. Und wenn man im Mai fährt, weil im Mai ja statistisch das beste Wetter dort ist, freut man sich dann ganz besonders, wenn man den einen Campingplatz gefunden hat, der auch tatsächlich schon so eine Hütte vermietet. Fürs telefonische Finden ein Dankeschön an Anja.
Bö- Bä- Böö machen die Schafe. Die großen und die kleinen. Es gibt gerade neugeborene Lämmer. Die sind kaum größer als Plüschtiere. Unglaublich zutraulich und sooo süß.
Es ist die Einsamkeit, die dort so besonders ist. Schön. Im Mai sind wir wirklich die einzigen Gäste im Ort. Oben rauschen die Wasserfälle und neben uns der Fluss. Das ist alles. Dazu selbstgeschnippelte Bratkartoffeln und alles ist gut.
Natürlich wollen Stephan und ich auch in die Felsen. Dazu müssen wir die erst mal finden. Die Beschreibungen von Hans Weninger sind durchweg erstklassig. Ein Kampf durch Gestrüpp und bemoostes Geröll ist es dann trotzdem. Die Dornensträucher haben mich weit mehr ramponiert als die Felsen.
Und dann das Klettern. Normales Klettern im fünften Grad ist ja einmal greifen und einmal treten. Hier ist es einmal greifen und fünfzig mal treten. Es gibt einfach keine Griffe. Und die Tritte sind häufig auch nicht mehr als eine hellere Stelle, die etwas mehr Reibung hat, als die mit dunklen Flechten drauf. Oder ein paar Krümel, auf denen die Sohle Reibung findet. Kleinste Nuancen in der Neigung entscheiden über hoch oder flutsch und runter. So ist es, das Klettern im Setesdal. Unfaßbar schön.
Dann das Thema Sicherungen. Zum Glück gibt es ein paar Routen mit doppelt gebohrten Niro-Ständen. Und dazwischen vielleicht mal einen Bohrhaken auf 60m Seillänge. Mit Glück kann man alle 15 bis 20 m einen Friend legen. Und dann hoffen, dass die hohle Schuppe auch hält. Der Rest ist einfach nur kompakt und glatt. Kein Riss, keine Schuppe, keine Struktur. Nur fester, solider Granit.
Als ich mir beim Platten klettern Blasen unter den Füßen hole, wollen wir einen Tag Pause machen und rüber zum Lysefjord, wo der Kjerag steht. Das ist der bekannte norwegische Postkartenberg mit der Riesenmurmel im Gipfelriß. Leider ist die Straße gesperrt und so fahren wir einen Seitenweg rein, bis zum Ende durch und laufen los. Durch ein Schrägband in der Felswand auf den nächstbesten Berg. In der Karte steht nicht mal sein Name. Und oben machen wir eine große, weite Runde über die weiten Fjells mit ihren Gipfeln, Steinen, Flechten, Moosen, schneebedeckten Flächen, zugefrorenen Seen und dem unendlich weiten Blick in ewige Bergeinsamkeit. Mit der sind wir oben allein. Mit der Einsamkeit, der Sonne, der Stille und dem Frieden.
Am schönsten ist die Kletterroute Namens „Einfach nur schön“. Das ist eine Tour direkt neben einem Wasserfall. Echt ein Erlebnis. In der dritten Seillänge sieht das Dorf Valle noch aus wie eine Modelleisenbahnlandschaft in H-Null. Oben auf dem steinernen Balkon dann eher wie TT. Kleine süße Häuser auf saftig grünen Wiesen mit zwei, drei Autos dazwischen. Unbeschreiblich.
Und was habe ich gelernt? Wie wenig man zum Leben braucht. Und zum glücklich sein. Danke.
Euer Jörg.
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